Rohmilchkäse: Kein Gefährliches Bakterienmonster

Ven, 16.09.2022 - 11:20

Interview mit Walo von Mühlenen in der Käsetheke 5/22

Rohmilchkäse: Kein Gefährliches Bakterienmonster

Affineur Walo von Mühlenen widmet sich der Käse-Affinage, insbesondere derer aus Rohmilch. Die KÄSE-THEKE sprach mit dem Käseexperten aus der Schweiz.

Walo von Mühlenen ist jedes Mal von der Vielfalt der Aromen eines Rohmilchkäses überwältigt. Die KÄSE-THEKE hat mit dem Käse-Veredler der Schweiz über diesen ursprünglichen Käse gesprochen.

  • KÄSE-THEKE: Herr von Mühlenen, Sie affinieren bereits in der fünften Generation Käse aus Rohmilch. Was zeichnet einen Rohmilchkäse aus?

Das Aroma eines Rohmilchkäses ist vielfältiger und interessanter als bei einem Käse aus behandelter Milch. Die Milch wird nur minimal behandelt und behält das volle Aroma und die Kraft der Blumenwiesen. Die Spurenelemente, Vitamine und Milchsäurebakterien bleiben erhalten.

Der Ökologische Fußabdruck eines Rohmilchkäses ist klein. Die Wege für die Milch müssen kurz sein und die Kühe bekommen in erster Linie Futter, das auf dem Hof oder der Alp wächst.

Am ausgeprägtesten ist dies beim Alpkäse. Die Alpbewirtschaftung ist eine natürliche Symbiose zwischen Menschen, Tier und Natur. Nur Wiederkäuer sind in der Lage das Gras auf den Alpen zu verwerten und ermöglichen so die Bewirtschaftung der Alpen. Diese Bewirtschaftung sichert den Erhalt der Artenvielfalt und geschnittenes Gras hält den Schnee besser als langes Gras. Damit wird verhindert, dass ganze Hänge abrutschen, und der Schnee kann im Frühjahr langsam schmelzen und die Wasserspeicher füllen.

Ein weiterer Vorteil der Alpwirtschaft ist, dass das Naherholungsgebiet erhalten bleibt. Eine andere Nutzung der Alpen ist nicht möglich, da Getreide Kartoffeln oder Obstbäume in der Höhe nicht wachsen.

Rohmilchkäse haben einen erhöhten Omega3 Fettanteil, je höher die Weiden liegen sind desto mehr Omega3 Fettsäuren finden wir im Käse.

  • Warum werden viele Schweizer Käse aus Rohmilch hergestellt?

In der Schweiz war bis zu Jahrtausendwende die Milchwirtschaft staatlich reguliert. Dadurch wurde die industrielle Revolution verschlafen und heute produziert die Schweiz wie im 19 Jahrhundert den Käse in kleinen handwerklichen Betrieben. Das ist heute ein Vorteil – wir produzieren geringere Mengen, dafür höhere Qualität.

  • Welche Grundsätze sind bei der Herstellung eines Käses mit roher Milch zu beachten? (Fütterung der Tiere, Sauberkeit/Hygiene, Verarbeitung der Milch, Reifung)

Das wichtigste ist das Futter für die Kühe. Die beste Milch geben Kühe, die frisches Gras von der Blumenwiesen und im Winter Heu fressen. Der Geschmack der Blumen-Aromen findet sich auch in der Milch und später im Käse wieder.

Ein weiter wichtiger Faktor sind kurze Wege. Rohmilch muss innerhalb von 24 Stunden verarbeitet werden. Weite Transport-Wege oder eine übermäßige Kühlung wirken sich negativ auf die Milch und damit auf die Käsequalität aus.

Der Handwerkskunst des Käsers ist sehr wichtig. Rohmilch ist jeden Tag anders und der Käser muss mit viel Gefühl jeden Tag die Produktion der Milch anpassen.

Schließlich ist es der Affineur der die Käsereien mit den richtigen Weiden und den besten Käsern sucht. Erst dann kann er den Käse bis zur Perfektion reifen. Die Reifelager sollten feucht und nicht zu kalt, zwischen zehn bis 14 Grad sein, damit die Milchsäurebakterien arbeiten können. Bei zu kalten Kellern wird der Käse hart und er stirbt.

  • Was sollte das Käsefachpersonal über Rohmilchkäse wissen, wenn diese an der Bedienungstheke verkauft werden?

Die Herkunft ist bei Rohmilchkäse entscheidend. Da er die vollen Aromen der Blumenwiesen enthält, ist es wichtig zu wissen, woher der Käse stammt. Die meisten Rohmilchkäse haben oft auch eine lange Tradition und Geschichte, die man kennen sollte. In Europa reicht die Tradition des Lab-Käses bis in römisches Reich zurück. Während des Mittalters ging das Wissen der Labkäseproduktion verloren und es wurde in erster Linie mit Säure (oft Essig oder Zitronen) Zieger* produziert. Einzig in den Alpen speziell in der Region Gruyere ist die Tradition des Lab-Käses erhalten geblieben. Von dort hat Sie sich im 17 Jahrhundert von dort wieder über Europa verbreitet.

* Als Ziger (Schweiz) oder Zieger (Deutschland, Österreich) wird ein Molkenkäse bzw. Frischkäse bezeichnet, der aus Magermilch oder Molke durch Ausfällung des Eiweißes durch Säure gewonnen wird. In Italien auch als Ricotta bekannt.

Beim Schweizer Rohmilch-Käse sollte man auch auf das „Reinheitsgebot“ verweisen. Wir verwenden nur Milch, natürliche Starterkulturen, Lab und Salz. Zusätze wie Lysozyme, Farbstoffe, oder Konservierungsmittel sucht man im Schweizer Käse vergeblich.

Rohmilchkäse ist kein gefährliches Bakterienmonster, man muss keine Angst haben. Hartkäse gehören zu den ältesten und sichersten Lebensmitteln, selbst beim Schnittkäse sind keine erhöhten Gefahren vorhanden. Im Gegenteil die natürliche Produktion fördert den Erhalt der Milchsäure-Bakterien, die für unseren Verdauungstrakt sehr wichtig sind.

  • Ich habe gesehen, dass es am 15.10.2022 einen „Tag des Rohmilchkäses“ gibt. Können Sie unseren Lesern mehr dazu verraten?

Dieser Tag entstand in den USA und hilft den Rohmilchkäse zu fördern und über seine positiven Eigenschaften aufzuklären. Mittlerweile ist dieser Tag auch in Europa am Durchstarten. Wir sehen, dass immer mehr Käsetheken das Thema aufgreifen und spezielle Angebote zusammenstellen.

Fazit: Warum sollte man auf Rohmilchkäse zurückgreifen? Weil:

  • Man vom Verkaufsschub des Rohmilch-Käse Fest am 15 Oktober 2022 profitieren möchte.
  • Man eine Geschichte zu erzählen hat, von der Herkunft und von den Blumenweisen.
  • Man mit Rohmilch-Käse ein Angebot hat, das sich nicht im Discounter findet.
  • Rohmilch-Käse ist aromatischer
  • Rohmilch-Käse ist natürlicher
  • Rohmilch-Käse ist gesünder
  • Rohmilch-Käse ist ökologischer
  • Übrigens hat die Schweiz den strengsten Tierschutz in ganz Europa. Bei uns sehen die Kühe den Himmel täglich.

Familienunternehmen in 5ter Generation

Walo von Mühlenen hat sich auf die Affinage ausgesuchter Schweizer Käse spezialisiert. In seinen Räumlichkeiten in Freiburg (Schweiz) führt er die Familientradition der Walo von Mühlenen AG in fünfter Generation weiter. Schon als Schulkind ging er mit dem Vater ins Emmental, um den besten Käse zu probieren und für die Veredelung auszusuchen. Im Unternehmen arbeiten mehrere Familienmitglieder und Sie führen die Tradition der Walo von Mühlenen AG fort und bauen die Marke Affineur Walo stetig aus. In diesem Jahr startete auch eine Kommunikations-Kampagne zu Förderung der Rohmilchkäse an den Käsetheken.

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Ansprechpartnerin für die Presse

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Pressekontakt Affineur Walo
Caroline Monteiro
Tel.: 61 35 683 171 94+
E-Mail: hc.olawrueniffa@esserp

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