Käseweltmeister Walo von Mühlenen im Interview: „Industriellen Einheitskäse braucht kein Mensch“
Walo von Mühlenen ist mehrfacher Käseweltmeister. BuzzFeed Austria hat mit dem Schweizer gesprochen.
Käse gehört zu den beliebtesten Lebensmitteln der Welt. Nicht umsonst findet man den Geschmack des Milchprodukts sogar in unzähligen Snacks und sonstigem Spaß für das Bäuchlein. Walo von Mühlenen kennt die Köstlichkeit so gut wie wohl sonst kaum jemand. Der Schweizer ist Affineur, also Spezialist für die Veredelung von Käse.
Walo von Mühlenen führt einen Familienbetrieb in fünfter Generation. Sein Team hätte schon mehr internationale Preise gewonnen, als es Berge in Schweiz geben würde, sagt von Mühlenen von sich selbst. Darunter fallen auch mehrere Titel bei den alljährlichen Käse-Weltmeisterschaften. Für BuzzFeed Austria beantwortet der Käseprofi einige der am meisten gegoogelten Fragen zu Käse und verrät, welchen Käse er am liebsten hat.
Herr von Mühlenen, wer hat Käse erfunden?
Vor bereits etwa 3000 Jahren wurde Käse in Mesopotamien, dem heutigen Irak, hergestellt. Die alten Griechen und Römer stellten ebenfalls Labkäse her. Mit dem Untergang des Römischen Reiches ging in Westeuropa die Labkäseherstellung aber weitgehend verloren. Einzig in den Bergregionen blieb sie erhalten. Im 17. Jahrhundert entwickelte sich in den Sommermonaten die Alpkäserei. Anfang des 18. Jahrhunderts folgten die ersten Talkäsereien, die das ganze Jahr über produzierten. Ein bekannter Käseexperte, von dessen Wissen ich heute noch profitiere, ist der Schweizer Antoine de Fribourg.
Wer war Antoine de Fribourg?
Er war Sohn eines Alphirten und lebte im 17. Jahrhundert. Zuerst verdingte sich de Fribourg als Söldner für den französischen König Ludwig XIV, fiel dann aber in Ungnade und musste fliehen. Zurück in der Heimat beschloss er das Kriegshandwerk aufzugeben und wurde wie sein Vater Hirte und Käser. Mit seinem systematischen Vorgehen hat de Fribourg viele traditionelle Schweizer Käsesorten entscheidend beeinflusst und war weit über die Grenzen des Gruyères in der Schweiz bekannt und als Käseexperte gesucht. Ich habe einige seiner Rezepte wiederentdeckt und zu seinen Ehren den Käse Graf Antoine entwickelt.
Warum ist Käse gelb?
Die gelbe Farbe kommt vom grünen Gras und den Farben der Blumenwiesen. Deshalb ist beim Rohmilchkäse das Gelb der Sommerproduktionen viel intensiver als bei den Winterproduktionen. Im Winter bekommen die Kühe Heu, der Käse wird blasser. Bei den Käsen aus pasteurisierter Milch sieht und schmeckt man keinen Unterschied mehr, da die Kühe das ganze Jahr vergorenes Silogras bekommen. Diese Milch muss danach stark gereinigt werden, damit der Geruch des vergorenen Grases verschwindet. Bei dieser Reinigung gehen auch die Farbe und viele andere Geschmacksstoffe und Spurenelemente verloren. Deshalb wirkt der Käse direkt blasser. Viele Käse haben aber auch eine fast orange Farbe, diese kommt von einem Lebensmittelfarbstoff, genannt Annatto oder auch E 160 b.
Pasteurisierung, Silogras und Annatto (E 160 b):
Beim Pasteurisieren erwärmt man flüssige Lebensmittel, um sie länger haltbar zu machen. Silogras dient als Grundfuttermittel, vor allem für Wiederkäuer wie Kühe. E 160 b, auch als Annatto bekannt, ist ein Lebensmittelfarbstoff, der entweder auf natürliche Weise aus den Samenschalen eines tropischen Baumes oder aus Pflanzenölen entnommen wird oder durch eine chemische Veränderung mit dem Farbstoff Lycopin entsteht.
Wieso ist Käse rund?
Käse wird in der Regel gepresst. Bei einer runden Form verteilt sich der Druck regelmäßig. Heute wird aber auch eckiger Käse produziert.
Ab welchem Alter dürfen Babys Käse essen?
Sobald sie feste Nahrung essen dürfen, können sie auch Käse essen. Joghurt und Quark ist auch Käse.
Was bringt eine Käseglocke?
Der Geruch verteilt sich weniger und die Käseglocke schützt den Käse ein bisschen vor dem Austrocknen. Zum Aufbewahren wickelt man den Käse besser in Haushaltsfolie, Alufolie oder spezielles Käsepapier ein.
Wo im Kühlschrank stelle ich Käse am besten hin?
Käse muss nicht sehr kalt gelagert werden, von daher kann er ruhig auch im Gemüsefach gelagert werden. Bei Hart- und Schnittkäse genügt eine Lagerung bei zehn Grad völlig, der Käse verträgt aber locker auch 20 Grad.
Walo von Mühlenen (Mitte) bei den Käseweltmeisterschaften. © Walo von Mühlenen
Wie schmelze ich Käse auf meinem Burger?
Käse schmilzt bei Hitze, allerdings schmilzt nicht jeder Käse gleich. Raclette ist ein Käse, der speziell fürs Schmelzen hergestellt wird. Die meisten Burger-Ketten benutzen Schmelzkäse. Dieser lässt sich besonders gut schmelzen, schmeckt aber auch nicht ganz so gut.
Warum isst man Käse gerne nach dem Essen?
Das Beste kommt immer zum Schluss, so bleibt das Essen in guter Erinnerung.
Abschließend, was ist Ihr Lieblingskäse?
Für mich muss Käse den vollen Genuss der Blumenwiesen haben. Dazu braucht es natürliche Rohmilch im Käse. Pasteurisierten, industriellen Einheitskäse braucht kein Mensch. Ich wechsle gerne ab. Im Moment ist mein Lieblingskäse, den ich im Kühlschrank habe, der Graf Antoine.